Gaamer ETH #008: Z Seisler Überläbenshandbuech

Sven Krattinger kommt während seinem Ingenieurstudium an der ETH Zürich mit Leuten aus der ganzen Schweiz in Kontakt. In seinem Blog #008 verrät er, wie er Seislertütsch anderen Schweizern vermittelt. Hier sein «Seisler Überlebenshandbuch».

Wir Sensler wissen alle, was die häufigste Frage ist, welche uns von anderen Schweizern gestellt wird, wenn wir sagen, woher wir kommen:

«In Freiburg spricht man Deutsch? Das wusste ich gar nicht. Ich dachte, da spricht man Französisch.» Und wenn wir dann korrigierend erklären, dass wir Sensler zur deutschsprachigen Minderheit des Kantons gehören, folgt auch schon die nächste Frage: «Wir was?»

«Wier Seisler!»

Wie es dazu kam

So ist es auch mir im September im Tessin ergangen. Im Rahmen einer Sommerakademie der Schweizerischen Studienstiftung hatte ich intensiven Austausch mit Studierenden aus der ganzen Schweiz. Die Diskussionen, welche ich dort bei unseren spätnächtlichen Gesprächen am Lago di Lugano führte, hätten genug Material geliefert für einen Survival Guide: «Z Seisler Überläbenshandbuech – Wie wasmù de anderne Schwyzer jùscht Seislertütsch erklärt». Die Kurzfassung des Handbuchs sieht wie folgt aus:

Wie man Diskussionen anreisst

Wichtig ist, früh zu erwähnen, dass man seinen Dialekt stark anpasst, damit die anderen einen verstehen. Dann gibt es eine kurze Auseinandersetzung, bei welcher insbesondere die Zürcher Fraktion überzeugt ist, unseren Dialekt zu verstehen. Die Bernerinnen, welche unseren Dialekt kennen, werden uns aber zustimmen und von eigenen traumatischen Erlebnissen mit Seislertütsch erzählen. An dieser Stelle sollte man sich zurücklehnen und das allgemeine Tohuwabohu geniessen. Dann folgt auch schon die entscheidende Frage, auf welche man vorbereitet sein sollte: «Chasch denn mal eifach i dim Dialäkt rede?»

Normalerweise kann ich das nicht, da ich nur mit Senslern seislere. Jetzt gilt es also, cool zu bleiben. Mein persönlicher Tipp: Vorschlagen, dass man ein paar Beispiele geben kann. Dann nimmt man genüsslich einen Schluck von seinem Getränk, um wohlüberlegt zu wirken. Als Nächstes kann man die einfachsten senslerdeutschen Wörter raushauen, die man kennt, und die anderen Anwesenden raten lassen, was die Wörter bedeuten. Folgende Wörter haben sich bei mir bewährt, um Senslerdeutsch über eine längere Zeit ins Zentrum zu rücken: Häppöri, Häppärä, Hǜntti, Hǜǜti, wùy ù ay, plattay, dürften fürs Erste reichen, doch auch weitere Worte wie Pärisou, friggle, fränschle, habere, Fyfauter, Luuser oder jùscht kann man je nach Länge der Diskussion noch anhängen.

Wie man jetzt überlebt

Wenn man dann noch etwas Hintergrundwissen mitbringt, dazu eventuell das Gedicht «Wùy ù ay, ay ù wùy» von Christian Schmutz auf Youtube zeigt und eine ausführliche Diskussion über die Akzente bei den Buchstaben u und ü führt, hat man es geschafft. Entweder denken die anderen an diesem Punkt, dass man ein Rad abhat, oder sie sind absolut begeistert von unserem wunderschönen Dialekt. In beiden Fällen hat man überlebt – und anderen Schweizern Senslerdeutsch nähergebracht.

Sammlung der ETH-Blogs von Sven.